Überraschende Städte | von Giorgio Costa

Die Immobilienwirtschaft Europas verändert sich und die Hauptstädte der „kleineren“ Länder übernehmen die Führung. Und so wird Lissabon völlig unerwartet zur attraktivsten Stadt des „alten Kontinents“, sowohl was die Entwicklung als auch was die Investitionen in Immobilien betrifft. Berlin folgt Lissabon als zweitplatzierte Stadt, unmittelbar danach Madrid und Frankfurt auf den Plätzen vier und fünf, vor Amsterdam, Helsinki (Platz 8) und Wien (Platz 9).  Aber auch Athen (Platz 14) schneidet nicht schlecht ab, Mailand (Platz 20) liegt sechs Punkte weiter hinten, während Rom unaufhaltsam auf Platz 28 knapp vor London, Moskau und Istanbul abrutscht.

Das geht aus dem Bericht von Uli (Urban Land Institute) zum Thema „Emerging Trends in Real Estate. Creating an impact (Europe 2019)” hervor. Erstellt wurde dieser in Zusammenarbeit mit PWC, nach dem die Immobilienmärkte ein sehr hohes Niveau erreicht haben und damit auch das Ende der Preisexpansionen näher zu rücken scheint. Die Ursache dafür liegt in der Unsicherheit, die sich aus dem Brexit ergibt, aber auch an der schwierigen Lage in Italien und der Türkei. Alle Länder verbindet jedoch der Mangel an erschwinglichen Immobilien für sozial Benachteiligte, ein Marktsegment, das von Privatinvestoren noch sehr vernachlässigt ist. Aktuell scheint der Eindruck vorherrschend, dass erhebliches Kapital ungenutzt ist und die Hauptschwierigkeit darin liegt, interessante Objekte zu finden.

Der höchste Anteil der Investitionen zwischen Dezember 2017 und September 2018 ging erneut nach Großbritannien (68 Mrd.), gefolgt von Deutschland (65) und Frankreich (39). Mit 21 Milliarden liegen die Niederlande vor Spanien mit 19 Milliarden, deutlich vor Italien und Polen, beide mit 7 Milliarden und ebenfalls nach Schweden (11 Mrd.). Die durchschnittliche Rentabilität der Immobilienanlagen in der Eurozone ist deutlich gesunken (von 6% im Jahr 2009 auf weniger als 4% im Jahr 2018), liegt aber immer noch etwas über 1% über den Anleihen der Eurozone. Die meisten Makler (46%) haben das Gefühl, dass die Preise ein sehr hohes Niveau erreicht haben und „überteuert“ sind. Auch wenn die Investitionen aus China stark zurückgegangen ist, bleibt der Druck aus Asien (aktuell mit 124 Mrd. Investitionen) auch in den kommenden Monaten stark; dabei spielt das imminente Angebot des japanischen staatlichen Pensionsfonds eine besonders wichtige Rolle. In der Rangliste folgen Europa (63 Mrd.) und die USA (20 Mrd.). Bedeutend ist dabei, dass die beliebtesten Investitionen auf Wohngemeinschaften und Lösungen für ältere Menschen und Studenten zielen, während am Ende der Liste städtische oder außerstädtische Einkaufszentren stehen. Selbst Bürobauten scheinen keine großen Perspektiven mehr zu bieten.

Schaut man sich die Entwicklung der Städte nach Investitionen an, dann ist London im Zeitraum 2017-2018 der aktivste Markt mit einem Umsatz von 20 Mrd. gefolgt von Paris (12 Mrd.), Berlin und Frankfurt (8 Mrd.) und Mailand als Schlusslicht (3 Mrd.) mit Madrid. Es zeigt sich deutlich, dass sich die Symbolstädte der deutschen „Lokomotive“ – Berlin, Hamburg, Frankfurt und München – auf einem zu hohen Preisniveau bewegen und keine interessanten Investitionsmöglichkeiten mehr bieten. Und so geht die Suche nach profitablen Investitionen in Städte, die bisher eher abseits standen, sich aber heute als sehr vielversprechend erweisen. Dabei steht Lissabon an der Spitze der Rangliste mit den besten globalen Perspektiven. Städte in Nordeuropa sind ebenfalls sehr attraktiv, wie vor allem Helsinki aber auch Kopenhagen, Stockholm und Oslo, die sich im Mittelfeld der Rangliste bewegen. Städte, die als „klein, aber sehr leistungsfähig“ beschrieben werden. Wien belegt einen attraktiven 9. Platz, der neuen urbanen Projekten zu verdanken ist, die nach Ansicht vieler Makler interessante Lebens- und Arbeitsflächen bieten. Drei weitere Städte (Dublin, Madrid und Amsterdam) haben aus verschiedenen Gründen großes Potenzial. Paris behauptet sich, während London gerade wegen der Ereignisse im Zusammenhang mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union einen starken Einbruch verzeichnet. Abseits von allen liegen Mailand an 20. und Rom an 28. Stelle: Nach Ansicht der Makler ist dies vor allem durch die italienische Regierung bedingt.

 

November 2018