Die therapeutische Wirkung des Schönen | von Patrizia Catalano

Am vergangenen 22. Oktober haben Filippo Taidelli, Founder des Studio FTA, und Gilda Bojardi, Direktorin von Interni Magazine, für die  Café della Stampa, dem wöchentlichen Termin von Cersaie, über das Thema „Die therapeutische Wirkung des Schönen“ diskutiert.

Im einstündigen Gespräch wurden verschiedene Punkte angesprochen. Angefangen beim Grund, weshalb Taidelli und Bojardi sich entschieden haben, über die ästhetische und typologische Qualität der Räume der Krankenpflegeeinrichtungen zu reden. Den Ausgangspunkt stellte eine Erfahrung dar, die der Mailänder Architekt im April 2018 bei Gelegenheit des FuoriSalone hatte, als er an der von Interni kuratierten Ausstellung in der Mailänder Universität mit der Installation Cells teilnahm, einem als Denkanstoß gedachten Projekt, in dem mit den therapeutischen Qualitäten von synästhetischen Elementen wie Licht und Ton in zwei simulierten kleinen Wohnräumen, die aus Glas und mit Fußböden in einem automatisch desinfiziertem Keramikmaterial gefertigt wurden, experimentiert wurde.

Die Erfahrung, die als Forschungsarbeit startete, hat Taidelli zu konkreten Projekten veranlasst und zu einer bedeutenden Zusammenarbeit mit Humanitas geführt, die im kürzlichen Pilotprojekt Emergency Hospital 19 gegipfelt ist. Anhand einer Abfolge von vergleichbaren Bildern zwischen bedeutenden Viren des vergangenen Jahrhunderts (Spanische und Asiatische Grippe) und dem aktuellen Covid-19 und einer Reihe von bereits umgesetzten und noch laufenden Projekten hat Taidelli seine Vorstellungen darüber erläutert, wie er sich den idealen Ort für die Krankenpflege vorstellt. Im Spezifischen hat der Architekt Grundregeln aufgelistet, was gemacht werden könnte. „Es sollte darauf abgezielt werden, den Bedarf, ins Krankenhaus eingeliefert zu werden, mit Vorbeugungsmaßnahmen und ambulanter Pflege zu beseitigen oder reduzieren. Der Vorzug sollte wenigen, effizienten neuen Einrichtungen gelten, die auf spezifische, zeitgemäße Bedürfnisse abgestimmt geplant wurden, um eine Einsparung für das Gesundheitssystem im Vergleich zu kostspieligen Renovierungen von baufälligen Gebäuden zu gewährleisten. Zudem wäre es nützlich, die nach Spezialität unterteilten Abteilungen mit Zonen zu ersetzen, die unter Berücksichtigung der Komplexität und der Dauer der Versorgung geschaffen werden, mit Arztpraxen in der Nähe, um den Austausch zwischen den Ärzten zu erleichtern und umgehend auf die spezifischen Bedürfnissen des Patienten einzugehen.

Auch die Bedeutung der Fast Tracks sollte zur Geltung gebracht werden, um eine Ineffizienz zu vermeiden: nicht mehr als 100 m zwischen der Station des Krankenhausaufenthalts und dem Operationssaal, um zu hohe Gebäude zu vermeiden, die oft den transportierten Kranken den Weg behindern, während vielmehr dem horizontalen Aufbau der Vorzug gegeben werden sollte. Außerdem ist für mich das Projekt der ‚Krankenhaus-Mall’ grundlegend: Immer extrovertierter, offen für neue Funktionen und Nutzungsmodalitäten, die die Verwandten (die Welt draußen) in die Nähe der Kranken bringt. Auf diese Weise verwandelt sich das Krankenhaus in ein kleines Dorf mit einer großen Vielzahl an Dienstleistungen, von den Wäschereien bis hin zu den Fitnesscentern, mit Restaurants und Geschäften.

Für die Patienten ist es grundlegend, für ihr Wohlbefinden und zur Senkung der Infektionsmöglichkeit Einzelzimmer zu planen, die die Möglichkeit bieten, Verwandtenbesuch zu empfangen.

Nicht zu vergessen ist außerdem die Nützlichkeit des Grünen und des natürlichen Lichts als therapeutische Elemente.

Es gibt auch andere Disziplinen, die den Menschen während des Krankenhausaufenthalts helfen können. Ich meine damit zum Beispiel die Kunsttherapie.“ Auf die abschließende Frage der Direktorin von Interni, wie das Krankenhaus der Zukunft aussehen wird, hat Taidelli geantwortet: „Wenn ich es mir vorstelle, denke ich an ein maximal dreistöckiges Gebäude, das aus schönen, aber auch sehr hygienischen Materialien wie die heutigen Keramikprodukte mitten im Grünen gefertigt und voller Glaswände ist, mit einer Rezeption wie in einem Grand Hotel, bunten Wänden und standortspezifischen künstlerischen Installationen. Einzelzimmer mit Bad und Schlaf- und Wohnbereich, wo ohne zeitliche Einschränkungen Verwandtenbesuche stattfinden können. Das Krankenhaus muss wieder mit der Stadt in Verbindung treten: Es darf kein Ort der Entfremdung sein, sondern muss ins Zentrum des Lebens der Bürger zurück.“ Eine Überlegung, die ein wenig für alle Gebäude gilt, die oft mehr aus Gründen der Spekulation als des gesunden Menschenverstands aus dem städtischen Leben verbannt wurden.

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November 2020