Deutschland, Frankreich und Polen sind die Schwergewichte im europäischen Wohnungsbaumarkt | von Alessandra Ferretti

In Deutschland wird viel gebaut, dennoch kann die gestiegene Wohnungsnachfrage nicht befriedigt werden. Im Juli 2019 erreichte die Nachfrage nach Wohnimmobilien in Deutschland einen Höhepunkt. Doch obgleich eine hohe Anzahl an Wohnungen fertiggestellt wurde (+5,3 %), ist der Bedarf weiterhin groß, vor allem aufgrund der Zunahme der Bevölkerung in den Ballungsräumen. Das zeigt die achte Ausgabe des „Property Index – Overview of European Residential Markets des Beratungsunternehmens Deloitte. Der Marktbericht wurde im Juli 2019 veröffentlicht und berücksichtigt daher noch nicht die Auswirkungen der durch Covid-19 verursachten Gesundheitskrise.

 

Die europäische Immobilienlandschaft

In Europa war in den letzten Jahren auf dem Immobilienmarkt ein Preisanstieg zu beobachten. Seit 2015 verzeichneten 15 der 16 europäischen Länder, die in die obengenannte Marktstudie einbezogen wurden, einen durchschnittlichen jährlichen Preisanstieg von rund 5 %.

Gegen den Trend verläuft die Entwicklung in Italien, wo die Preise für Wohnimmobilien seit Beginn der Finanzkrise sinken. In der Tschechischen Republik, in Ungarn, Lettland und Portugal stiegen die Preise doppelt so schnell wie im europäischen Durchschnitt.

 

Die Bauwirtschaft in Deutschland

Trotz der allgemeinen Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in der zweiten Hälfte des Jahres 2019 boomt der Wohnungsbaumarkt in Deutschland weiter.

Die wirtschaftlichen Entwicklungen auf globaler Ebene hatten bisher keinerlei Auswirkungen auf die Bauwirtschaft oder die Immobilienindustrie. Die geringen Zinsen und der gleichzeitige Mangel auf der Angebotsseite haben den Druck auf die Kapitalinvestitionen erhöht.

Das Kaufvolumen erreichte für das sechste Jahr in Folge Rekordzahlen und belief sich 2018 auf 181 Milliarden Euro, was einer weiteren Steigerung von 6 % im Vergleich zu 2017 entspricht.

Der Wohnungsbauwirtschaft gelingt es weiterhin nicht, dem Bevölkerungszuwachs in den Ballungsgebieten Rechnung zu tragen, obgleich die Zahl der Baugenehmigungen seit 2015 auf hohem Niveau ist.

Die Nachfrage übersteigt das Angebot aber auch in anderen Bebauungsgebieten. Dementsprechend sind die Wohnungspreise stark gestiegen und zwar durchschnittlich um 8,2 %. Die höchste Preissteigerung im Bereich der Wohnimmobilien wurde mit 15,2 % in Berlin verzeichnet.

 

Vergleich zwischen Wohnungsbaumarkt und Wohnungsbaudichte in Europa

Bei der Anzahl der fertiggestellten Wohnungen (der Indikator für die Neubauintensität auf dem Wohnungsmarkt ist die Anzahl der Fertigstellungen pro 1.000 Einwohner in einem Land, AdR) schnitt Frankreich mit 459.000 Baufertigstellungen am besten ab. Deutschland folgt mit einigem Abstand, trotz der Steigerung um 5,3 % bei der Gesamtanzahl der Baufertigstellungen, die innerhalb eines Jahres von 284.000 auf 300.000 Wohneinheiten stieg.

Im Hinblick auf die Wohnungsbaudichte verzeichnete der Wohnungsmarkt in Portugal die schlechtesten Ergebnisse, hier wurden lediglich rund 12.300 Wohnungen fertiggestellt (1,2 Wohneinheiten je 1.000 Einwohner).

Das Land mit der höchsten Neubauintensität ist erneut Frankreich, wo die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr leicht rückläufig sind, aber dennoch bei rund 6,8 Wohneinheiten je 1.000 Einwohner liegen.

Unter den osteuropäischen Ländern ist Polen Spitzenreiter beim Wohnungsbau, da es die höchste Anzahl der Baufertigstellungen (184.800) und die höchste Wohnungsdichte (4,81 pro 1.000 Einwohner) verzeichnete.

Baubeginne

Zwischen 2017 und 2018 war in den wichtigsten europäischen Ländern bei den Baubeginnen ein durchschnittlicher Anstieg von 2,7 % zu verzeichnen – ein positives Signal für die Zukunft. 2019 belief sich der Durchschnitt der verschiedenen europäischen Länder auf 3,8 Baubeginne je 1.000 Einwohner. Belgien, Dänemark, die Niederlande, Deutschland, Polen, Norwegen und Frankreich erreichten jedoch Werte über diesem Durchschnitt.

Die Rangfolge der ersten drei Länder nach Gesamtzahl der Baubeginne entsprach derjenigen in Bezug auf die Anzahl der Baufertigstellungen. An erster Stelle Frankreich (mit 419.000 Baubeginnen), gefolgt von Deutschland (347.300 Baubeginne) und Polen (mit 221.900 Baubeginnen).

Der Wohnungsmarkt

In Europa verlief die Entwicklung des Wohnungsmarktes von Land zu Land sehr unterschiedlich. Spitzenreiter wurde erstmals Norwegen und überholte Großbritannien als teuerstes Land (4.043 Euro/qm Einfamilienhaus).

Frankreich platzierte sich an zweiter Stelle, hier liegt der Kaufpreis für eine neue Wohnung bei 4.016 Euro/qm. Die Kosten steigen vor allem in Großstädten wie Paris.

Der dritthöchste Preis pro Quadratmeter wurde in Großbritannien (3.753 Euro/qm) verzeichnet, obgleich die Preise im Vergleich zu 2018 rückläufig sind (-14,7 %).

Das höchste Wachstum gab es 2018 überrachenderweise in der Tschechischen Republik, wo die Kaufpreise für neue Wohnungen um 16,8 % stiegen. Den zweithöchsten Anstieg verzeichnete Ungarn, wo sich die Kaufpreise um 13,7 % erhöhten, was zum Teil mit den niedrigen Ausgangspreisen erklärt werden kann. In den Niederlanden legten die Kaufpreise für Neubauwohnungen um 9,3 % zu.

Zusammenfassend lässt sich Folgendes festhalten: 9 der analysierten Länder verzeichneten 2018 einen Anstieg der Preise, nur 3 einen Preisrückgang.

Die Preise in den größten europäischen Städten

Unter den analysierten europäischen Metropolen fällt Paris (Stadt) ins Auge, es ist mit einem Durchschnittspreis von 12.910 Euro/qm die teuerste Stadt. An zweiter Stelle platziert sich London mit einem durchschnittlichen Preis von 11.185 Euro/qm. München ist – wie schon 2018 – die drittteuerste Stadt, hier beläuft sich der Durchschnittspreis auf 7.800 Euro/qm und liegt damit vor allen anderen deutschen Großstädten.

Gewöhnlich ist die Hauptstadt eines Landes auch die teuerste, dies gilt jedoch nicht für Mailand, Barcelona und München, die teurer sind als Rom, Madrid und Berlin.

Lesen Sie hier den ganzen Report.

April 2020