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Die sensibel Architektur von Odile Decq und Benedetta Tagliabue | von Simone Ricci
Artikel veröffentlicht in: "Eine sensible und nachhaltige Architektur, die mit der Keramik liebäugelt"
Im Rahmen des kulturellen Programms der Cersaie 2021 „costruire, abitare, pensare“ fand die vom Architekturhistoriker Professor Fulvio Irace moderierte Konferenz „Sensible Architektur“ statt, an der zwei auf internationaler Ebene bekannte Architektinnen, Odile Decq und Benedetta Tagliabue, teilnahmen.
Der rote Faden der Begegnung war die an das Projekt angewendete weibliche Sensibilität und die Bedeutung der taktilen und die Sinne ansprechenden Aspekte der Architektur, von den Farben über die Symbole bis zum Licht. Die Materialien spielen aufgrund ihrer Fähigkeit, mit den Sinnen in Dialog zu treten, eine wesentliche Rolle.
„Die Keramik ist ein fantastisches Material“, so begann Benedetta Tagliabue, „weil sie das Gebäude mit der Geschichte des Ortes und der Traditionen verbindet. Außerdem tut die Keramik gut und heilt mit ihrer Schönheit“. In ihrem Beitrag erzählte Benedetta Tagliabue auch von der Verwendung der Keramik in drei wichtigen Projekten, angefangen mit dem Mercat de Santa Caterina in Barcelona, in dem die gesamte Überdachung, die an einen Obstsalat erinnert, mit Sechsecken aus Keramik in mehr als 60 verschiedenen Farben gefertigt wurde.
Im Pfarrkomplex am Stadtrand von Ferrara, für den die Inspiration von der Form eines Heißluftballons stammt, kommen auf den Außenfassaden vermehrt Ziegel zum Einsatz, dazu kommen die Keramikformen des Künstlers Enzo Cucchi für die Verkleidung der heiligen Symbole im Inneren.
Schließlich wurde neben dem ebenfalls in Barcelona befindlichen neuen Krankenhaus Sant Pau ein Gebäude geplant, das den Krankenhauspatienten zur Zerstreuung dienen soll. Der Ziegel vermittelt Wärme und Schutz, während die Keramik, mit der das Dach des Gebäudes verkleidet ist, das ganze wie einen großen Garten aussehen lässt.
„Die Welt der Architektur ist typischerweise männlich”, betonte Odile Decq in ihrem Vortrag, „aber es stimmt nicht, dass wir Frauen sensibler als Männer sind. Ich bin eine Expertin von Schwarz, verwende aber auch zahlreiche andere Farben in meinen Arbeiten.“
So ist das gemeinsame Element zwischen den zahlreichen von Odile Decq erzählten Projekten das Spiel zwischen Farben und Licht, sowohl in den großen Projekten als auch in den kleinen Designobjekten, von den Griffen über die Sofas bis hin zu den Lampen und Hundehütten. Bei der Planung eines architektonischen Elements sind die Nutzbarkeit und der Benutzerkomfort notwendig. Das Gebäude wird zur Landschaft und umgekehrt. Das Licht ist wesentlich, sowohl, wenn ein direkter Strahl verwendet wird, als auch ein indirekter. Wenn mit dem Licht gespielt wird, kann es nie genug sein: So werden in ihren Projekten ganze Räume farbig gestaltet und es gibt auch mehrere Farben in einem Raum.
Das Bad ist die bevorzugte Umgebung für das Experimentieren in der Architektur: Lichter und Schatten, die sich vervielfachen und uns veranlassen, uns in den Räumen zu bewegen, um die verborgenen Grenzen zu begreifen.
Die Keramik ist ein außerordentliches Material, weil sie es uns ermöglicht, an der Wahrnehmung der Sinne und an der Stabilität zu arbeiten, auch, wenn das Material dünn ist.
Lesen Sie das Interview mit Odile Decq „Kreativität, die über die Gewohnheit hinaus geht“
Oktober 2021
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