Die Pandemie tritt den deutschen Markt schwer, aber er hält stand | von Barbara Benini

Die Lage ist ernst, aber nicht tragisch. Und sie besteht vor allem aus Kontrasten und kleinen positiven Zeichen, die auf einen nicht allzu weit entfernten Wiederaufschwung hoffen lassen. Denn auch, wenn es stimmt, dass der deutsche Immobilienmarkt aufgrund der Pandemie stark gebremst wurde und sich die Transaktionen im ersten Quartal 2021 auf nur 16,5 Milliarden belaufen, ist auch zu bedenken, dass es sich um einen höheren Wert als den im zweiten und dritten Quartal des Vorjahres verzeichneten handelt. Das geht aus dem kürzlich von der Immobilieninvestitionsgesellschaft JLL veröffentlichten Investment Market Overview hervor. Laut diesen Ermittlungen bezüglich der aktuellen Lage des deutschen Marktes im ersten Quartal des Jahres sorgen die Hotel-, Gewerbe- und vor allem Wohnbranche, die allein 45 % des Volumen der Kaufgeschäfte im berücksichtigten Zeitraum generiert hat, für eine gewisse Erholung. Ein Panorama, das in Bezug auf den Immobilienmarkt ein anspruchsvolles, aber auch anregendes Jahr 2021 vorhersagt, vor allem aufgrund der Herausforderung, von der laut JLL die Möglichkeit einer tatsächlichen Erholung der Branche abhängt: die Nachhaltigkeit.

Angesichts des Wiederaufschwungs nach der Pandemie ist die Aufmerksamkeit der finanziellen Akteure vor allem auf zwei Themen gerichtet: die Nachhaltigkeit und die Inflation. Einerseits – wie uns der Bericht von JLL erinnert – hat die europäische Union selbst Leitlinien ausgearbeitet, die darauf abzielen, die Kapitalflüsse innerhalb der EU zu umweltverträglichen wirtschaftlichen Unternehmen zu lenken, wie etwa die EU-Verordnung zur Nachhaltigkeit.

Es ist nicht mehr nur mehr eine gesetzliche Verpflichtung oder soziale Verantwortung, bei den Investitionen die ESG-Kriterien (environmental, social, governance) – und somit auch die für nachhaltige Immobilien bestimmten – zu berücksichtigen, sondern auch aus finanzieller Sicht von Vorteil. Ein Vergleich zwischen einem ESG-Aktienindex und einem Index ohne ESG-Komponenten hat gezeigt, dass der erste den zweiten in einem 13-jährigen Zeitraum um 7,9 % übertroffen hat. Außerdem geht aus einer Studie von Morningstar hervor, dass die nachhaltigen Unternehmen in Europa in den letzten Jahren um 52 % auf 1,1 Trillionen Euro gestiegen ist, was im Jahr 2020 einem doppelt so hohen Anstieg wie 2019 gleichkommt.

 

Eine weitere Variable, die sich auf die Entwicklung des Immobilienmarktes auswirkt, ist sicher die Inflation. Seit Jahresanfang sind die Verbraucherpreise in Deutschland und der Eurozone gestiegen, auch, wenn die Inflationsrate weiterhin niedrig bleibt. Die mittel- bis langfristigen Prognosen sprechen von einem Anstieg der Inflation um 2–3 % und einer Umkehr der Tendenz, die laut Consensus Economics bereits 2022 eine Senkung der Preise um 1,6 % bedingen könnte. Was die Immobilienbranche betrifft, ist vorhersehbar, dass die Nachfrage nach Immobilien erst dann ihre Auswirkungen spüren wird, wenn die Preise und Zinssätze beachtlich und tragbar steigen.

Was die Transaktionen betrifft, ist das Ergebnis für Anfang 2021 im Vergleich zum ersten Quartal des Jahres 2020, als der Markt noch nicht unter den Auswirkungen der Pandemie gelitten hatte, bescheiden, aber angesichts der Umstände noch ansehnlich: Die Rede ist von einem Volumen von 16,5 Milliarden Euro, einer Zahl, die zwar einen Rückgang um 41 % im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres bedeutet, aber dennoch höher als die im zweiten und dritten Quartal des Jahres 2020 verzeichneten ist. Hoffnung schöpfen lässt uns laut der Studie von JLL der rasante Anstieg bei den Verkaufsaufträgen, die Immobilienberatern erteilt wurden, der darauf hindeutet, dass die Investoren das Vertrauen in den deutschen Markt nicht verloren haben und zuversichtlich sind, dass sich die Märkte im Lauf des Jahres erholen.

Im Moment mangelt es mit nur zehn Transaktionen über 200 Millionen Euro noch an Transaktionen, die große Kapitalströme generieren, während es einen ungewöhnlich starken Auftrieb in der mittleren Größenordnung gab. Bei den Portfolios betrug der Rückgang des Geschäftsvolumens auf jährlicher Basis 62 %, während die Transaktionen von einzelnen Vermögenswerten nur um 7 % zurückgegangen sind. An der Spitze der Kaufgeschäfte liegt die Wohnbranche: Die vier wichtigsten Transaktionen (was den Wert betrifft) des Quartals beziehen sich auf Verkäufe von Wohnungsportfolios oder Pflege- und Altersheimen. Es ist daher keine Überraschung, dass das Wohnsegment mit knappen 7,6 Milliarden Euro mehr als 45 % des vierteljährlichen Ergebnisses erzielen konnte.

Die Büros folgen in beachtlichem Abstand mit einem Anteil von 24 %, was 3,9 Milliarden Euro entspricht. Die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit aufgrund der Pandemie haben sich als entscheidender Faktor erwiesen und stellen vor allem für die ausländischen Investoren, insbesondere die asiatischen, ein Hindernis dar. Teilweise sorgten die langfristig an in Branchen, die nicht von der Pandemie betroffen waren (wie etwa im öffentlichen Bereich), tätigen Mieter vermieteten Büros, die weiterhin sehr begehrt sind, für Ausgleich.
Die für den Einzelhandel bestimmten Immobilien konnten Transaktionen um mehr als 1,5 Milliarden Euro verzeichnen. Neben der großen Entwicklung von Gewerbeparks mit Lebensmittelschwerpunkt, lokalen Einkaufszentren, Supermärkten und Diskontern (die mehr als 60 % dieser Unternehmensklasse ausmachen), haben einige zentrale Gewerbegebäude und Gewerbeparks ihren Besitzer gewechselt. Eine Situation, die uns nahelegt, für diesen Marktanteil von einer „Stabilität auf hohem Niveau“ zu sprechen.
Schließlich die Hotels, die das beste vierteljährliche Ergebnis seit dem brillanten Beginn des Jahres 2020 mit Transaktionen um mehr als eine halbe Milliarde Euro erzielen konnten.

Das Geschäftsvolumen sinkt in den „Big 7“ (Berlin, Köln, Düsseldorf, Hamburg, Frankfurt, München und Stuttgart), weil die größeren Transaktionen nicht zum Abschluss gebracht werden. Ganz im Einklang mit der allgemeinen Entwicklung des Marktes ist das Volumen der Transaktionen in diesen Städten auf ungefähr 6,7 Milliarden Euro gesunken, was auf jährlicher Basis einem Rückgang um 42 % gleichkommt. In den sieben Großstädten schwankt der Rückgang zwischen 62 % in Düsseldorf (ungefähr 460 Millionen Euro) und 33 % in Köln (310 Millionen Euro). In den Big 7 ist es besonders offensichtlich, dass bedeutende Transaktionen fehlen, auch, wenn einige darunter in der Verkaufsphase angelangt sind und daher eine beachtliche Erholung im Lauf des Jahres vorstellbar ist.
Trotz der Schwierigkeiten könnte die langerhoffte Erholung in nächster Zukunft in Gang gesetzt werden. Jll sieht vor, dass 2021 ein anspruchsvolles, aber anregendes Jahr für alle Immobilieninvestoren sein wird. In Krisenzeiten konzentriert sich die Aufmerksamkeit traditionell vor allem auf die Kernprodukte, aber das Interesse für Core-plus-Produkte oder Produkte mit Mehrwert steigt. Es war noch nie so wichtig, die Tendenzen vorwegzunehmen und in die Investitionsentscheidungen einfließen zu lassen. Hierzu zählen die Senkung an CO2-Emissionen, flexible Modelle der Arbeitsplätze, der Anstieg des E-Commerce/Omnichannel und die Aufmerksamkeit auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer wie etwa die Sicherheit, Gesundheit und das Wohlbefinden. Und ausgerechnet hier könnten sich neue Gelegenheiten ergeben, so erwartet sich Jll aus der heutigen Perspektive für das ganze Jahr 2021 ein Transaktionsvolumen von ungefähr 80 Milliarden Euro.

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Juli 2021